Leben in der Schweiz: Nur eine Minderheit hat hierzulande Wohneigentum. Für Thomas Fuller, Korrespondent der «New York Times», ist das eine Kuriosität. (BaZ 10.11.2023, von Nina Fargahi)

 

Herr Fuller, Sie waren in der Schweiz unterwegs und haben festgestellt, dass hier ein Volk von Mieterinnen und Mietern lebt. Warum sind Sie überrascht?

Nicht nur ich bin überrascht - der Artikel hat Reaktionen rund um den Globus ausgelöst. Alle Welt schaut auf die Schweiz und fragt sich: Wieso besitzen in diesem reichen Land nur so wenige ein Haus oder eine Wohnung?


Warum ist das aussergewöhnlich?

In keinem anderen westlichen Land ist die Eigentumsquote so tief wie in der Schweiz, nur 36 Prozent. In den USA beträgt sie 67 Prozent, in der EU durchschnittlich 70 Prozent.


Sie schreiben, dass die Schweiz Einblick in eine «Post-Eigentums-Gesellschaft» gibt. Werden andere Länder die Schweiz als Vorbild nehmen?

Ich wollte die Schweiz nicht als Modell hinstellen - es geht mir um eine leidenschaftliche Debatte rund um die Themen Wohnen, Mieten, Eigentum. Viele Leute haben dezidierte Meinungen dazu. Und natürlich sind begrenzter Platz und Bevölkerungswachstum auch an anderen Orten ein Problem.


Wie fielen die Reaktionen auf Ihren Artikel aus?

Eine Frage, die immer wieder gestellt wurde in den Kommentarspalten: Wenn so viele Schweizerinnen und Schweizer Mietende sind, wer sind dann die Vermieter? Einige Lesende kommentierten, dass die Schweiz «langsam zum Feudalismus zurückkehre, wo eine kleine Anzahl Herren alles besitzen und der Rest zu deren Zufriedenheit schuften» würde. Es haben sich aber auch viele Schweizerinnen und Schweizer gemeldet.


Wie lautet deren Feedback?

Viele sagen, dass Mieten auch Vorteile habe. Man sei freier und ungebundener, habe vergleichsweise geringe Nebenkosten. Und man müsse sich nicht um die Instandhaltung kümmern: Wenn die Heizung nicht funktionierte oder das Dach kaputt sei, rufe man den Vermieter an. Kommt hinzu, dass die Leute in der Schweiz wohl eher regeltreu sind und die Vermieterschaft daher professioneller vorgeht, wenn es ein Problem gibt. Dies zumindest mein Eindruck aus meinen Recherchen und Gesprächen.


Sie waren in Zürich, Bern, Genf und Lausanne. Was ist Ihnen sonst noch aufgefallen?

Ich finde es bemerkenswert, dass Mieten in der Schweiz mit keinem Stigma verbunden ist. Es ist einfach ganz normal. Das ist in anderen Ländern durchaus anders. In den Vororten oder in kleineren Städten der USA ist es unüblich für Paare mit Kindern, ein Leben lang zur Miete zu wohnen. Das würde Fragen aufwerfen, wie zum Beispiel: Werfen sie nicht Geld weg, wenn sie jeden Monat Checks an den Vermieter ausstellen für etwas, das einem dann nicht gehört? In der Schweiz habe ich den Eindruck, dass dieses Thema den Leuten weniger unter den Nägeln brennt als andere Angelegenheiten oder Missstände.


Die hohen Mietpreise und das knappe Angebot an freien Wohnungen in den Städten sind schon ein Thema.

Aber dreht sich die Debatte auch darum, dass sich viele Schweizerinnen und Schweizer kein Eigentum mehr leisten können? In Kalifornien steht das Thema auf Platz eins im Sorgenbarometer, ebenso in London.


Die grösste Partei hat bei den Wahlen kürzlich mit dem Thema Zuwanderung Sitzgewinne erzielt. Vielleicht ist Eigentum derart weit weg für die Allermeisten, dass man sich damit abgefunden hat.

Bei meinen Recherchen bin ich durchaus solchen begegnet, die gerne ein Haus oder eine Wohnung kaufen würden, es sich aber nicht leisten können. Sie haben irgendwann entschieden, sich nicht den Kopf darüber zu zerbrechen.


Wie sind Sie auf die Idee gekommen, über dieses Thema zu schreiben?

Ich war im Sommer in Zürich und spazierte an einem Schaufenster vorbei. Da stach mir eine Ausschreibung ins Auge: 170 Quadratmeter für 3,5 Millionen Franken. Glauben Sie mir: Wer aus San Francisco kommt, so wie ich, der ist nicht einfach zu schockieren, wenn es um Eigentumspreise geht...


...aber Sie waren dennoch schockiert.

Ich habe mir gedacht: Wer kann sich das denn leisten? Deshalb fing ich an zu recherchieren, und so entstand die Geschichte.


Würden Sie in die Schweiz ziehen wollen?

Wahrscheinlich würde ich nach Frankreich direkt an die Schweizer Grenze ziehen. Wer liebt nicht die Schweizer Alpen und Seen?

 

Quelle: BaZ vom 10.11.2023, S. 18 (Nina Fargahi)
Foto: © gretler intermedia

 

 

  Überlassen Sie die Bewirtschaftung Ihrer Liegenschaft unseren Spezialisten, damit Sie ein Optimum an Wertschöpfung erlangen. Die Gretler & Partner AG kümmert sich um alle finanziellen und administrativen Belange.

   Kontakt

Die Gretler & Partner AG zählt zu den renommierten Anbietern von Immobilien- und Unternehmensdiensten in der Deutschschweiz und im benachbarten Ausland. Fokussiert auf den Immobilienbereich werden Dienstleistungen wie Baurealisation, Liegenschaftsverwaltung, Treuhand und Rechtsberatung angeboten.

We use cookies

We use cookies on our website. Some of them are essential for the operation of the site, while others help us to improve this site and the user experience (tracking cookies). You can decide for yourself whether you want to allow cookies or not. Please note that if you reject them, you may not be able to use all the functionalities of the site.